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Mit diesem letzten Newsletter kommt meine Berichterstattung aus Mexiko nun endlich zu ihrem verdienten Finale. Ich erlebte eine weitere Woche voller unerwarteter Wendungen und interessanter Begegnungen – und damit passt sie perfekt zur vorangegangenen Zeit.
ABER zuerst will ich an dieser Stelle noch einen Nachtrag zu meiner Surfwoche einschieben: Wenn ich vor zwei Wochen noch das Fehlen eines persönlichen Fotografen beklagt hatte, so darf ich nun stolz dieses Video meiner Fähigkeiten präsentieren, das ganz unverhofft und unbemerkt von mir aufgenommen wurde.
Nun glaubt mir auch endlich mein Vater, wovon ich ihn zu überzeugen versucht hatte…
Und damit zurück zum Geschehen: Um der unerträglichen Schwüle von Palenque zu entkommen und mich weiter meinem nördlichen Ziel anzunähern, wählte ich den Nachtbus direkt an die Atlantikküste bei Chetumal. Wie regelmässige Leser dieser Berichte bereits erahnen, habe ich auf dieser Fahrt wiederum kein Auge zugekriegt. Diesmal half jedoch zusätzlich noch der paranoide Busfahrer mit, der mir beim Einstieg das Mitführen meines allerheiligsten Rucksacks (ohne das Ding wär ich um Kamera, Computer, Pass und Portemonnaie ärmer) in die Kabine verboten hatte. Da ich mich naiv seinen Anweisungen fügte, konnte ich in der Folge an nichts anderes mehr als meine Tasche im Kofferraum denken – und erst recht nicht einschlafen.
Die letzte Etappe meiner Reise in Orange vom zentralen Dschungel an die Ostküste
Bereits in den frühen Morgenstunden kamen wir schliesslich in Chetumal an, wo ich umgehend einen weiteren Bus zum – touristisch beliebteren – Bacalar bestieg. Von dieser Destination und seiner hellblauen Lagune hatte ungefähr jede angetroffene Backpackerin geschwärmt, weshalb ich diesem Hype umbedingt persönlich auf den Grund gehen wollte. Die Metapher passt an dieser Stelle besonders gut, ist das Wasser der Lagune doch über weite Teile seicht und der Schlamm am Boden wird sogar zur Gesichtspflege empfohlen.
Sicht auf Bacalar von oben (Bild aus dem Internet)
Nach einer herzzerreissenden Trennung und versöhnlichen Wiedervereinigung mit meinem geliebten Sombrero, der ohne mich mit dem Bus weitergefahren war, konnte ich mich schliesslich doch noch dem erholsamen Lifestyle von Bacalar widmen: sich im Liegestuhl suhlen und gelegentlich die erhitzte Haut in der Lagune kühlen. Bacalar – die mexikanische Version der Malediven.
Hellblaues Wasser und einladender Holzsteg in Bacalar
Meine träge Lebensform endete jedoch am nächsten Morgen mit der Ankunft von Karen. Die pfiffige Deutsche in meinem Alter sass zusammen mit mir beim Frühstück, als der mexikanische Tischnachbar aus heiterem Himmel von seinen Erfahrungen mit halluzinogener Medizin (andere würden Drogen sagen) zu berichten begann. Unser Interesse im Speziellen weckte seine Erzählung von Ayahuasca. Wer den Sud dieser Heilpflanze einnimmt, darf sich auf einen wunderschönen Trip freuen, ohne Angst vor den typischen Risiken synthetischer Drogen. Wir hörten also gebannt zu und fragten zum Schluss ganz beiläufig nach dem Schamanen. Wie es der Zufall wollte, befand sich dieser in Playa del Carmen, genau auf unserer Route Richtung Norden. Kurze Zeit später hatten wir bereits eine Zeremonie für den nächsten Tag gebucht und suchten nach der passenden Unterkunft.
Karen sucht sich einen Traumfänger, oder auch zwei
In der Zwischenzeit unternahmen wir noch einen Kanu-Ausflug zu den Wasserlöchern der Lagune, schlenderten umher im winzigen Zentrum der Stadt auf der Suche nach Traumfängern und versuchten verzweifelt, uns gemäss der vom Schamanen auferlegten Diät-Regeln zu ernähren (kein Zucker und kein rotes Fleisch bereiteten mir besonders grosse Mühe).
Ceviche kommt gerade noch so durch – nicht aber mein Melonensaft nebenan
Am nächsten Tag – noch zweimal schlafen bis zum Rückflug – machen wir uns auf nach Playa del Carmen, um den Schamanen zu treffen. Es folgt eine kurze Einführung zu Ayahuasca mitsamt einer Besprechung der grossen Fragen, auf die wir uns eine Antwort erhoffen. Danach ziehen Karen und ich weiter in das Edelresort um Puerto Aventuras, wo wir für die Zeremonie ein viel zu luxuriöses Apartment viel zu günstig gemietet haben. Ausser Ruhe und Abgeschiedenheit gibt es absolut keine Gründe, Puerto Aventuras zu besuchen. Ich würde sogar behaupten, der Ort wird mir als der Langweiligste in ganz Mexiko in Erinnerung bleiben.
Unser Familien-Apartment für zwei mit Pool…
…und luxuriösem Interior
Gegen den Abend stossen dann auch noch der Schamane inklusive seiner Crew zu uns ins Ferienheim. Nachdem alle Fenster verdunkelt und Geräuschquellen eliminiert sind, strecken wir uns auf den vorbereiteten Laken aus und machen uns bereit zur Einnahme des heiligen Tranks. Entgegen meines anfänglichen Glaubens schmeckte dieser gar nicht so scheusslich, sondern hinterliess höchstens ein unangenehmes Kratzen im Hals. Nach diesem ersten Becher hiess es nun, auf seine erleuchtende Wirkung zu warten. Während sich an meiner Wahrnehmung noch kein Bisschen was verändert hatte, starrte Karen zu meinem Erstaunen/Entsetzen bald darauf bereits komplett zugedröhnt in der Gegend rum. Dankend nahm ich folglich die Einladung des Schamanen zu einem zweiten Schluck an. Als auch dieser nicht sofort zu wirken begann, wurde ich langsam ungeduldig. Ich war schon drauf und dran, eine dritte Runde zu fordern, da entfaltete sich vor meinen geschlossenen Augen plötzlich die wunderbare Farbenwelt von Ayahuasca.
Erstes Resultat der Bildersuche nach Ayahuasca: finde ich ganz passend
Zu Beginn meines Trips sah ich noch glühend farbige Fantasiegestalten, die sich ähnlich Dalís Uhren in The Persistence of Memory zu ständig neuen Formen verflüssigten oder in alle Richtungen vervielfachten. Mit der Zeit jedoch nahmen die wirren Abfolgen an Logik zu, bis dass sich mit Bestimmtheit Personen aus meiner Erinnerung erkennen liessen. Es kam noch besser, denn plötzlich fand ich mich in einer Spirale von lebhaften Kindheitserinnerungen wieder, die enorm plastisch daherkamen. Auf diese Weise durfte ich noch einmal im Schnelldurchgang meine unbeschwerten Kinderjahre erleben und lachte darob manchmal lauthals oder weinte zufriedene Tränen. Dadurch erhielt ich zwar keine rationale Antwort auf meine ursprünglichen Fragen, sehr wohl aber eine emotionale. Auch jetzt noch beim Schreiben dieser Zeilen zwei Wochen danach spüre ich eine tiefe innere Zufriedenheit. Was zwischenzeitlich in meiner direkten Umgebung geschah, blieb mir grösstenteils verborgen. In den wenigen bewussten Momenten mit geöffneten Augen erinnere ich mich an die beruhigenden Flötentöne des Schamanen und dass ich mit liebevollen Bewegungen alternierend den Marmorboden, das Sofa und Karens Füsse streichelte.
Position, in der ich laut Karen dagelegen hatte – in meiner Erinnerung sehr bequem
So zogen sich die Stunden dahin und ich mühte mich von Wachtraum zu Wachtraum. Nicht umsonst behauptete der Schamane nach bestandener Prozession, wir hätten “gut gearbeitet”; es kostete tatsächlich einige Anstrengung. Und als dann endlich die ersten Sonnenstrahlen durch die Jalousien drückten, kam noch immer keine Erlösung. Ayahuasca hatte mir erst den Verstand geraubt und nun auch noch den Schlaf. Daran änderte leider auch ein Spaziergang durch den langweiligsten Ort Mexikos nichts.
Der Strand von Puerto Aventuras, hier passiert garantiert gar nichts
Nach einem erholsamen Nachmittag am Pool, einem Trip zum Einkaufszentrum und dem Abendessen im Dorf, fand ich schliesslich doch noch den Weg zu meinen süssen Träumen.
Mannshohe Stapel von Zuckergetränken
Ein Stück Heimat so kurz vor der Heimat
Samstag – mein allerletzter Tag in Mexiko! Irgendwie musste ich noch die Zeit bis zum Abflug am Abend überbrücken. Wir wählten definitiv nicht die optimalste Lösung: Ein Tag am Strand. Möbel zurückstellen, Wohnung aufräumen und ab nach Playa del Carmen. Die schwere Tasche durfte ich in Karens Hostel zwischenlagern. Um bis zum Strand vorzudringen, mussten wir uns erst durch die Horden an Touristen in der Einkaufsmeile prügeln. Dort angekommen, überzeugte aber auch dieser nicht wirklich. Überzeugend dafür war schliesslich einzig das Mittagessen im günstigen Strandrestaurant. Von Playa del Carmen wird mir wohl nur eine Erinnerung langfristig erhalten bleiben, die mich sehr schweizerisch dünkt: Am Strand rechen Angestellte doch tatsächlich die angespülten Algen auf einen Haufen.
Fast so unnötig wie die Befreiung unserer Waldwege vom Laub: Algen-Rechen in Playa del Carmen
Mein letztes Pacifico, selten hat Bier besser geschmeckt
Nach der Verabschiedung von Karen und einem letzten Bissen Ceviche war es an der Zeit, den Bus zum Flughafen zu besteigen. Dort landete ich zu allem Überdruss auch noch am falschen Terminal und durfte danach mitsamt Gepäck über das Gelände sprinten – unter ständiger Verfluchung meiner rollenlosen Reisetasche. Völlig verschwitzt checkte ich schliesslich am Schalter ein und freute mich über all die roten Pässe rundherum. Die Nervosität begleitete mich noch bis auf den Sitzplatz im Flieger; erst dort realisierte ich, dass mein Abenteuer in Mexiko nun zu seinem Ende kam.
Lieblingsbeschäftigung im Flieger: In die Wolken starren und realisieren, wie toll man’s hat
Liebes Mexiko, Du hast mich herzlich aufgenommen und vorbehaltlos an Deiner Kultur teilhaben lassen. Dank Dir durfte ich neue Lebensweisen kennenlernen und hoffe, diese Inspiration zurück zuhause im Alltag umzusetzen. Wir sehen uns bestimmt bald wieder, da bin ich mir ganz sicher!
Danke für Dein Interesse an meiner Reise,
Dein Nicola
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