Follow me, Nicola, on my adventures around the world!
Für diese Ausgabe habe ich an ein Personenverzeichnis gedacht, wie man es in jedem Theaterstück auf den ersten paar Seiten findet. Nur, dass die relevanten Akteure in meinem Fall erst nach dem zweiten Akt vorgestellt werden. Im Folgenden möchte ich also kurz die Personen portraitieren, die mein tägliches Leben hier am wesentlichsten beeinflussen.
Imer bei einem seiner täglichen Fussballspiele
Mein erster Kontakt in Juárez erfolgte mit meinem Mitbewohner Imer. Ihm ist es zu verdanken, dass ich mich in dieser lebensfeindlichen Stadt schnell mal wohlgefühlt habe. Imer verströmt extrem viel positive Energie und hat immer ein Lachen auf den Lippen – auch wenn ihm wiedermal alle Glieder vom vielen Fussballspielen schmerzen. Dem Fussball ordnet er nämlich alles unter, so leider auch sein Leben. Und Haushaltsarbeit hat in diesem Wertesystem definitiv die letzte Priorität. So durfte ich ihn bereits mehrmals bitten, das dreckige Geschirr der vorigen Woche inklusive Essensreste aufzuräumen. Die Küche macht dies aber leider noch nicht viel brauchbarer. Von der Sauberkeit des Bodens will ich hier gar nicht erst erzählen. Jedenfalls besteht meine Lösung darin, so selten wie möglich meine Zeit in diesem Haus zu verbringen, was seit der dritten Woche ganz wunderbar klappt.
Sonntägliche Katerbekämpfung mit Eders (zweiter von links) Familie
Ein zweites Zuhause habe ich nämlich bei Eder gefunden. Der leitende Ingenieur meiner Firma war es, der mich in der ersten Woche sogleich auf einen Trip nach Houston mitgenommen hatte. Dank Eders guten Englischkenntnissen war er schnell mal mein Ansprechpartner bei jedweden Belangen. Ausserdem ist er es, der mich auch heute noch für jede Mittagsmahlzeit vom tristen Firmengelände wegfährt. In der Zwischenzeit hat sich zwischen uns eine veritable Freundschaft entwickelt und wir verbringen gerade an den Wochenenden (wenn ich nicht gerade irgendwo im Staate Chihuahua an einem Velorennen teilnehme) viel Zeit miteinander. Das auszeichnende Merkmal von Eder ist dessen Humor und ständige Lachbereitschaft. Im Büro hört man im fünfminütigen Takt sein lautes Grölen oder ein Witz, der wiederum viel Gelächter produziert. Als Flitterwochen hat er seiner Frau einen Trip in die Schweiz versprochen, weshalb ich grosse Hoffnungen habe, dass ich ihm seine grossartige Gastfreundschaft auf unserem Boden vergelten kann.
Immer zum Scherzen aufgelegt: Eder bei einer spontanen Tanzeinlage im Büro
Während der ersten Wochen dominierte auf den Fotos hauptsächlich eine Person: David, mein Vorgesetzter. Nicht dass ich besonders viel Zeit mit ihm verbringen würde noch wollte. Nein. Es hat sich eher so ergeben, dass er mir gerade zu Beginn meiner Zeit in Juárez möglichst viele leckere Speisen seiner Stadt zeigen wollte. Dabei ist mir schnell mal aufgefallen, dass David kaum je ein Blatt vor den Mund nimmt – trotz oder vielleicht gerade wegen seiner beeinträchtigten Körpergrösse. Ob auf Spanisch oder Englisch, seine grosse Klappe findet immer einen fiesen Spruch, um dich blöde aussehen zu lassen. Klar, dass er es nur lustig meint, doch bei seiner Kadenz frage ich mich langsam, ob David wohl jemals etwas Nettes zu sagen hat. Auf jeden Fall verbringe ich grundsätzlich gerne Zeit mit ihm – solange sie begrenzt ist. Denn eine Überdosis seiner Hyperaktivität kommt wohl niemandem zugute.
David völlig geschafft nach einer wilden Nacht
Eine besonders wichtige Rolle bei meinen Wochenendaktivitäten haben bisher Ricardo und Karly, seine Frau, gespielt. Ihm verdanke ich die Möglichkeiten, auf dem Fahrrad Dampf abzulassen, während sie mir geduldig durch die harzigen Anfänge mit Spanisch geholfen hat. Zusammen haben wir auch die beeindruckende Kulisse von Barrancas del Cobre erkundet, der mexikanischen Version des Grand Canyons. Mir stark ans Herz gewachsen, fungieren sie nun als mein Geschwisterersatz, den ich Sonntagnachmittags aus Langweile anrufe, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Nachdem wir zuerst alle zusammen gearbeitet haben, hat Karly mittlerweile den Arbeitgeber gewechselt, um beruflich wieder näher an ihrer Ausbildung zu sein, der Architektur. Diese hatte sie nämlich noch in Venezuela studiert gehabt, bevor sie aus bekannten Gründen in das hoffnungsvollere Mexiko immigriert ist.
Ricardo und Karly vor eindrücklicher Kulisse
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