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Meine letzte Woche in Juárez

Zwar hatte ich bereits letzte Woche das Ende meiner Zeit in Juárez heraufbeschworen gehabt. Doch leider bin ich bei der ausführlichen Beschreibung meines letzten Fahrradrennes stecken geblieben. Auf dieses anstrengende Wochenende folgte nämlich meine letzte Woche in der Stadt, aus der ich nochmals alles herausholen wollte, bevor ich mich in Richtung des wärmeren Südens aufmachen würde. In der Zwischenzeit hatte die morgendliche Temperatur nämlich eine unangenehme Nähe zur Null-Grad-Grenze erreicht.

Wetter Ja, auch in México wird’s kalt im Winter – zumindest im Norden

Am Mittwochabend nahm mich ein geselliger Velokollege, Rafa, auf eine für die Stadt typische Runde mit. Den Anfang machten mir im Restaurant Viva México, das weniger für seine Speisen und mehr für seine unterhaltsame Liveshow bekannt ist. Bei dieser nimmt einen die Truppe von Tänzern, Sängern und Reiter mit auf eine Schnellbleiche in mexikanischer Kultur. Konkret waren dies traditionelle Tänze in Trachten aus verschiedenen Staaten, Songs des legendären Juan Gabriels und die Lasso-Künste von sogenannten Vaqueros (la vaca – die Kuh).

Tanz1 Einführung durch die mexikanischen Urahnen

Dieser Besuch hatte nebenbei den Vorteil, dass ich erstmals seit meiner Ankunft in Juárez wieder auf andere Leute mit blondem Haar (güeros – sprich: ueros) gestossen bin.

Tanz2 Begrüssung der internationalen Gäste

Den Abend setzten wir danach fort in einer Bar mit dem – für Europäer gewöhnungsbedürftigen – Konzept, dass man von einer persönlichen Bediensteten mit Getränken versorgt und mit Gesprächen unterhalten wird. Interessanterweise hielten sich in der Bar aber nicht nur einsame Männer auf, sondern auch Frauen, die sich lebhaft mit den Kellnerinnen unterhielten. Unsere Partnerin sprach fliessend Englisch, weil sie während zweier Jahre in Las Vegas gelebt hatte. Diese Erfahrung führte ebenfalls zu interessanten Vergleichen der beiden womöglich hässlichsten Städte der Welt.

Tanz3 Lasso-Künste

Als Abschluss und einzig mögliche Steigerungsform des bisherigen Abends wollte mir Rafa schliesslich noch den bekanntesten Stripclub der Stadt zeigen. Auch wenn meine Erfahrung bei Amadeus eine Schlechte war, bin ich froh um sie: Mit grosser Sicherheit werde ich für den Rest meines Lebens keinen Fuss mehr in ein solches Establishment setzen. Zumindest nicht zu meiner eigenen Unterhalten – Rafa behauptete nämlich, für seine geschäftlichen Kundenbeziehungen seien solche Besuche durchaus förderlich und werden sogar von der Firma bezahlt. Bin ja mal gespannt, wohin mich meine Karriere führen wird.

Tanz4 Volkstänze

Doch fürs Erste folgte der letzte Tag meiner Karriere bei Alprema. Zum Mittagessen folgte mir die Mehrheit des Ingenieurbüros zu meiner Lieblingsspeise Caldo de Pescado. Zurück am Arbeitsplatz entkorkte der Chef danach höchstpersönlich eine schlechte Flasche Rotwein – ganz der Ingenieur – mithilfe einer Schraube. Es folgte eine wacklige Rede meinerseits auf Spanisch, in der ich nach mexikanischer Art mein Haus zum Haus meiner Freunde erklärte (verzeiht mir bitte, Mama und Papa). Zu guter Letzt wollten mir alle noch – wiederum ganz traditionell – mit schwarzem Filzstift eine Abschiedsbotschaft auf das Leibchen schreiben. Dieses war mir jedoch zu schade, weshalb mir David kurzerhand ein fleckiges Shirt von Calvin Klein schenkte (natürlich nicht ohne zu betonen, wie teuer dieses gewesen sei). Das hätte er sich sparen können: die Botschaften fielen enttäuschend nüchtern aus…

Tanz5 Genuss von Caldo de Pescado und Quesadilla de Camarón

Tanz6 David – der Ingenieur aus dem Lehrbuch

Am Samstagmorgen wollte mir mein bester mexikanischer Freund Eder schliesslich in grösster Eile noch möglichst viel Juárez zuführen. Dazu frühstückten wir zuerst in seinem liebsten Menudo-Lokal (man erinnere sich: diese Speise gilt als bestes Anti-Kater-Mittel), bevor er mich zu Juárez’ Wahrzeichen, dem Equis (spanisch für X, kann aber auch im Sinne von irgendwas verwendet werden) chauffierte. Dieses Andenken an den grossen Benito Juárez macht seinem Namen meiner Meinung nach alle Ehre und präsentiert einfach nur irgendwas. Trotz meines mangelnden Verständnisses für die Bedeutung dieses Wahrzeichens hatten wir einigen Spass dort. Zum Abschluss schenkte mir Eder sogar noch sein emotionsgeladenes Trikot der Nationalmannschaft, das Tragen dessen mich quasi zum mexikanischen Landsmann werden lässt.

Tanz7 Bei der nächsten Zusammenkunft hoffentlich mit dem Grossmünster im Hintergrund

Mit diesen wunderschönen Eindrücken verabschiedeten wir uns schliesslich im Busterminal, wo ich ihn ein letztes Mal zur Einhaltung seines Versprechens aufforderte, im kommenden Jahr in die Schweiz zu reisen. Danach betrat ich meine Verbindung in Richtung Chihuahua, womit endlich der zweite Teil meines Aufenthalts in Mexiko beginnen sollte.


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